Wir fahren weiter gen Westen und haben die Seidenstraße erreicht. Entlang der historischen Route bewegen wir uns bis nach Lanzhou, ehe es uns in den Süden des Landes zieht.
Umso weiter wir uns von der verhältnismäßig internationalen Ostküste entfernen, umso mehr fallen wir im Inland Chinas auf. Sobald wir durch die Straßen laufen, schallen uns zahlreiche „hello, hello“ um die Ohren, Menschen stupsen sich gegenseitig an und zeigen auf uns, und jeder zweite raunt „waiguoren – Ausländer!“. Es ist vor allem eine große Portion Neugier, die auch dazu führt, dass wir unverblümt aus zwei Metern Entfernung fotografiert werden, als wäre es das normalste in der Welt. In einem kleinen Dorf auf dem Weg drücken fremde Eltern Fabian, der mit knapp zwei Metern Körpergröße und roten Haaren natürlich besonders auffällt, ihr kleines Kind in die Hand und knipsen munter drauf los. Na gut, schnell bereit machen und „茄子“ (qiezi – Aubergine), die chinesische Variante von „cheese“.
Die Wüste haben wir hinter uns gelassen, weiter geht es nach Zhangye. Dort erwarten uns in Danxia die rainbow mountains, eine Ansammlung bunter Felsen und Steine. Die Bilder im Internet sehen beeindruckend aus, allerdings wird gewarnt, dass bei einigen Aufnahmen wohl auch zusätzliche Bearbeitung im Spiel war, um die Farbenpracht besonders herauszuarbeiten. Etwas skeptisch fahren wir daher zu den Bergen, aber es sieht tatsächlich richtig bunt aus. Interessant sind auch die Übersetzungen der Sicherheitsanweisungen, wir wissen jedenfalls nicht genau, wie wir uns nun verhalten sollen.
Am nächsten Tag müssen wir uns auch schon von Maren trennen, ihre Familie wird sie in Peking besuchen. Für die gewünschte Zugverbindung morgens um 7 Uhr ist allerdings kein Ticket mehr zu bekommen, und so muss sie nach einer durchgemachten Nacht noch weiter warten, bis sie in den Zug steigen kann. Dort hat sie aber genug Zeit um sich richtig auszuschlafen – die Fahrt dauert 29 Stunden. Auch wir haben nur eine kurze Nacht, denn für unsere geplante Tibettour sind die Zugtickets quasi nicht frei zu kaufen. Nach viel hin und her und knapp fünf Stunden Schlaf sitzen wir wieder vor dem PC, um pünktlich zum Verkaufsstart Fahrkarten zu erwerben, aber direkt ab Beginn des offiziellen Verkaufs sind alle sleeper tickets ausverkauft. Entsprechend wenig gut gelaunt starten wir in den Tag. Glücklicherweise kommen wir aber später doch noch an Zugtickets, die uns die Einreise nach Tibet auf Schienen ermöglichen.
Bevor wir entlang der Seidenstraße Richtung Südosten fahren, machen wir einen kleinen Abstecher zu den Matisi-Grotten, einer buddhistischen Tempelanlage. An einem kleinen Gebirgsbach frühstücken wir umringt von Ziegen deutsches Müsli, und uns geht es direkt besser. Durch steile Gänge und Gassen erklimmen wir die höchsten Punkte der zwei in die Berge gehauenen Haupttempel. Auf die ziemlich touristische Umgebung haben wir irgendwann keine Lust mehr, und fahren weiter Richtung Lanzhou. Unterwegs machen wir mit unserem Auto noch die 100.000km voll, damit haben wir knapp 3.500km auf dem Buckel.
Dort sehen wir auf einmal direkt neben der Schnellstraße eine alte Lehmmauer, die wohl tatsächlich zu der Großen Mauer gehört. Sie steht ziemlich verlassen in der Landschaft herum, und wir nutzen die Gelegenheit, um einmal komplett ungestört von touristischen Begleiterscheinungen auf der Mauer zu spazieren. Die Nacht verbringen wir in Yongchang, wo wir uns zehn verschiedene Unterkünfte in einem Radius von 50m ansehen, um uns am Ende für die eine zu entscheiden, deren Fernseher kein CCTV5 empfangen, um Deutschland gegen Frankreich zu sehen. Dank des offiziellen Online Streams können wir den deutschen Halbfinaleinzug dann doch noch verfolgen.
Gegen Nachmittag des nächsten Tages erreichen wir Lanzhou, eine Stadt über die wir vorher eigentlich nichts Gutes gehört hatten. Eine große, dreckige und nicht sehenswerte Industriestadt. Wir wollen daher nur eine Nacht dort verbringen und dann direkt weiter fahren. Bei unserer Ankunft entpuppt sich die Stadt allerdings als schöner und lebhafter als gedacht. Allerdings sind offenbar alle Hostels und Hotels, die wir anfragen, komplett ausgebucht, daher entscheiden wir uns, nur noch zu Abend zu essen und am gleichen Tag weiter zu fahren. Zur Feier des Tages gönnen sich Thomas und Fabian erst einmal eine chinesiche Massage, die jedoch eher ver- als entspannt. Als wir nach dem Essen wieder am Parkhaus ankommen, hat sich die anliegende Straße komplett in einen Nachtmarkt verwandelt. Irgendwie kommen wir wieder heraus, aber die Fahrt durch die Menschenmassen ist zwar einerseits lustig, aber kostet auch einiges an Nerven.
In einer Kleinstadt weiter südlich finden wir dann endlich ein Zimmer, zwar nicht ganz so sauber, aber dafür günstig. Wir gönnen uns ein paar Stunden Schlaf, denn am nächsten Tag wollen wir in die Höhe des tibetisch geprägten Hochlandes..
Neue Kommentare